85 Jahre 1916 - 2001
Die Gründung des Gehörlosen-Sportvereins Düsseldorf fiel in der Zeit des ersten Weltkrieges. Willi Altgassen rief am 16. November 1916 im Restaurant “Zum Taunus”, Am Wehrhahn, eine Handvoll turnbegeisterter Gehörlosen zu einer Gründungsversammlung zusammen. Er hielt als damaliger Verbandsturnwart im Verband Deutscher Taubstummen-Turnvereins einen Vortrag über die Bedeutung der Leibesübungen. An dem Tag wurde einmütig die Gründung eines Gehörlosen-Turnvereins in Düsseldorf beschlossen, und 25 Schicksalsgenossen traten dem Verein bei.
Da sich der Verein unter den damaligen schlechten Zeitverhältnissen nicht recht entfalten konnte, wurde er im Januar 1917 dem Allgemeinen Turnverein 1877 in Düsseldorf angeschlossen. Dieser Anschluß wirkte sich sehr segensreich aus, denn der Turnrat des Allgemeinen Turnvereins sparte nie mit Rat und Tat und half immer und überall der Gehörlosen Abteilung, wo er nur konnte. Nicht vergessen wollen wir diejenigen, die sich selbstlos für uns eingesetzt haben und die schon lange der grüne Rasen deckt. Da waren vor allem Willi Unger, der langjährige Vorsitzende des Allgemeinen Turnvereins, sowie Johann Weindorf, der Leiter der Altersabteilung. Josef Apoloni, der Schmied der Gehörlosen-Abteilung, hat das Band der Einheit in der jungen Gehörlosen-Abteilung als deren langjähriger Leiter gefestigt.
Dank der Initiative von Josef Apoloni nahm die Gehörlosen-Abteilung einen mächtigen Aufschwung, und war zeitweilig in ihren Leistungen einer der stärksten Glieder unter den deutschen Gehörlosen-Sportvereinen. Bei allen Veranstaltungen war unsere Abteilung vertreten und konnte viele Erfolge holen. Beim 1. Verbandsfest in Erfurt konnte unsere Mannschaft im 4×100-m-Staffellauf den 1. Sieg erringen.
Das Verbandsfest 1929 in Düsseldorf war ein großer Tag für unsere Gehörlosen-Abteilung. Da hatten wir erstmalig den eigenen Sportplatz am Rhein, auf den wir so stolz waren, und zum Festabend war der Kaisersaal der Tonhalle viel zu klein, um alle Besucher zu fassen. Unser Vereinskamerad Fritz Kraemer war sehr erfolgreicher Sportler und stellte beim Inter-nationalen Gehörlosen-Sportfest 1930 in Lüttich (Belgien) im 100-m-Lauf mit 11,0 Sek. und im 200-m-Lauf mit 23,0 Sek. zwei Gehörlosen-Weltbestleistungen auf. Bei den Weltspielen 1931 in Nürnberg holte er trotz starker ausländischer Konkurrenz 2 Goldmedaillen. Trotz der wirtschaftlichen Notzeit 1931/32, wo unter den 7 Millionen Arbeitslosen auch viele unserer Mitglieder waren, hielten wir treu und fest zusammen. In dieser Zeit bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges waren unsere Sportler bei ver-schiedenen deutschen Wettkämpfen sehr erfolgreich.
1945, als der Krieg zu Ende ging, und unser Vaterland in Trümmern lag, sammelten Hans Berres und Karl Kunze, der von Köln kommend, Düsseldorf zur Wahlheimat nahm, die wenigen alten Getreuen, um wieder Leben in die Gehörlosen-Abteilung zu bringen. Im Herbst 1945 hatte unsere Abteilung unter dem neuen Leiter Heinz Müller wieder ein geordnetes Leben. Langsam, aber zielstrebig erfolgte dann der Aufbau.
Richtig aufwärts ging es erst im Jahre 1951 durch den neugewählten Abteilungsleiter Karl Kunze, der es verstand, die Jugend für den Sport zu be-geistern. Ein ungeahnter Aufschwung trat ein, und unsere Jugend mischte überall kräftig und erfolgreich mit. Einen großen Erfolg hatte Herbert Grosse trotz seiner 19 Jahre bei den Weltspielen 1953 in Brüssel mit dem 1. Sieg im 100-m-Rückenschwimmen. Neben unserem unvergesslichen Fritz Kraemer ist Herbert Grosse der zweite Düsseldorfer, der bei den Weltspielen die Goldmedaille holte.
In den Jahren 1954-1960 waren unsere Leichtathleten besonders aktiv und nahmen in dieser Zeit unter den deutschen gehörlosen Sportlern eine führende Stelle ein. Sie holten zahlreiche Siege von den leichtathletischen Veranstaltungen heim und errangen zugleich mehrere Wanderpokale und Ehrenpreise. Auch unsere Schachmannschaft war aktiv. Besonders stolz waren wir auf unseren Schützen Manfred Coßmann. Er wurde bei den Weltspielen 1957 in Mailand Weltbester im Kleinkaliber-Schießen. Er brachte 1 Gold-, 3 Silber und 1 Bronzemedaille mit nach Hause.
Sportliche Erfolge fielen einem nicht in den Schoß. Es gehört unermüdlicher Trainigsfleiß dazu, um Höchstleistungen zu erzielen. 1959 wurden die Leistungen unserer Leichtathleten sogar von der Tagespresse hervor-gehoben, als sie bei der Rheinstaffel der Hörenden einen achtbaren vierten Platz belegten.
Bei den Wettkämpfen und den Weltspielen in den 60er Jahren waren unsere Sportler auch sehr erfolgreich, besonders im Schwimmen, Schießen, Hallenhandball und in der Leichtathletik. Im Jahre 1961 wurde die Handballabteilung ins Leben gerufen, und unsere Hallenhandballer hielten in den Jahren 1962-1975 eine führende Stellung unter den deutschen gehörlosen Hallenhandballern und holten mehrere Westkreis- und Deutsche Meistertitel und Pokalmeistertitel nach Düsseldorf. Bei den Gehörlosen-Weltspielen 1965 in Washington holte Achim Wöhler über 100-m Kraul in neuer Weltrekordzeit die Goldmedaille.
Im Jahre 1966 konnten wir unser 50jähriges Vereinsbestehen feiern. Da gab es so viele Erinnerungen, an die man gerne zurückdachte. Da waren nicht nur die sportlichen Erfolge, sondern auch die vielen Stunden, die wir in froher Gemeinschaft verbrachten. Im Jahre 1967 übernahm Hans Berres die Abteilung. Ihm folgte Peter Radtke im Jahre 1970. Es war für den verjüngten Vorstand der Gehörlosen-Abteilung nicht leicht, den mutigen Schritt zu wagen, Ende 1971 aus dem Allgemeinen Turnverein 1877 auszutreten, um nunmehr als selbständiger “Gehörlosen-Sportverein Düsseldorf 1916 e. V.” zu fungieren. Im Herbst 1972 übernahm Herbert Grosse die Vereinsführung und bemühte sich, den nun selbständigen Sportverein erfolgreich zu führen.
In dem neuen Sportverein entstand im Jahre 1974 eine neue offizielle Jugendabteilung. Dank der Initiative von Werner Graf nahm die Jugendabteilung in der zweiten Hälfte der siebziger Jahren einen mächtigen Aufschwung. Die Tischtennis-, Fußball- und Tennisabteilungen wurden ins Leben gerufen. Die Jugendlichen der Tischtennisabteilung holten zahlreiche Landes- und Deutsche Jugend- und Junioren-Meistertitel nach Düsseldorf.
Für unseren Sportverein war 1978 ein großartiges und unvergessliches Jahr. Denn nach 49 Jahren fand das Verbandsportfest wieder in Düsseldorf statt, es war somit die größte Veranstaltung von bisher allen durchge-führten Verbandssportfesten. Dank der Initiative von Karl Kunze, unserem ehemaligen Vereinsführer und neuen Vorsitzenden des Gehörlosen-Sportverbandes Nordrhein-Westfalen, war das Verbandsportfest mit großem Erfolg organisiert.
Nach der Vereinsführung von Peter Radtke in den Jahren 1974 – 1978 und Wolfgang Tilzer in den Jahren 1978 – 1984 war der Vorstand im Jahre 1984 erheblich verjüngt, der wieder von Herbert Grosse geleitet wurde. Im Jahre 1987 löste Andrè Gerstner als neuer Jugendleiter Werner Graf ab und brachte neue Ideen in seine Jugendarbeit ein.
In den 80er Jahren waren unsere Sportler bei Meisterschaften und Weltspielen im Tennis und in der Leichtathletik erfolgreich. Die Leichtathletik-, Ski- und Basketball-Abteilungen wurden ins Leben gerufen. Klaus Gervers war 8 mal Deutscher Meister im Tenniseinzel, Jürgen Deimel 10 mal Deutscher Meister im Hochsprung. Außerdem holten die Jugendlichen der Leichtathletik- und Tennisabteilungen Deutsche Jugendmeistertitel nach Düsseldorf.
Im Jahre 1986 waren 160 Mitglieder gezählt, im Jahre 1991 über 200 Mitglieder. Somit erlebte der Verein eine stetige Aufwärtsentwicklung. Das Führen eines großen Vereins bedang jedoch einen großen Zeitaufwand, zu dem leider nicht mehr viele Mitglieder bereit waren. Am Anfang der 90er Jahren befanden sich die Frauengymnastik- und Sportkegelabteilungen im Aufbau und wurden später aufgelöst. In der Faustball- und Leichtathletikabteilung waren immer weniger Mitglieder zu verzeichnen.
In der Abteilung für Ski und Freizeit wurde eine neue Sportart trainiert: Badminton. Daraus entstand im Jahre 1996 eine neue Badmintonabteilung. Erfolgreichste Spielerin war Elke Gerstner, die im Jahre 1998 dreifache Deutsche Gehörlosen-Badminton-Meisterin (Einzel, Doppel und Mann-schaft) wurde und im Jahre 1999 den zweifachen Meistertitel (Doppel und Senioreneinzel) errang. Bei der Europameisterschaft im Oktober 1998 war sie auch sehr erfolgreich und wurde Europameisterin in der Mannschaft sowie Europavizemeisterin im Doppel.
Zum ersten Male in der Vereinsgeschichte gewann unsere Fußballmannschaft die Deutsche Gehörlosen-Fußballmeisterschaft. Im Endspiel am 14. Juni 1997 in Wiesbaden gelang ein 2:0 gegen die mit 6 Nationalspielern angetretene GSG Stuttgart. In den Jahren 1997 und 1998 wurde unsere Jugendfußballmannschaft Deutscher Gehörlosen-Jugendmeister. Neben diesem Erfolg errang sie auch in den Jahren 1997, 1998 und 1999 den Deutschen Gehörlosen-Hallenfußball-Jugendmeister-Titel. Sehr erfolgreich war unsere gut aufgebaute Altherren-Fußballmannschaft und wurde in den Jahren 1996, 1998, 1999 und 2000 Deutscher Gehörlosen-Seniorenmeister. Für sie war das Jahr 2000 ein Höhepunkt, denn sie schaffte einmaliges: 3 x Deutscher Gehörlosen-Seniorenmeister (Halle, Groß- und Kleinfeld)
In der Tennisabteilung war Fritz Salomon in den Jahren 1996, 1997, 1998 und 1999 der Deutsche Gehörlosen-Senioren-Meister. Somit war er erfolgreichste Spieler im Senioren-Tennis. Im Jahre 2000 löste Klaus Gervers Fritz Salomon ab und wurde Deutscher Senioren-Meister. Es war zu bedauern, dass einige gute Spieler die Tennisabteilung in den letzten Jahren verliessen. Seit einigen Jahre wurde die Jugend dort aufgebaut.
Die Volleyballabteilung wurde im September 1999 ins Leben gerufen. Eine neue Herrenmannschaft wurde aufgebaut und hofft auf sportliche Erfolge. Seit 1996 leitet Werner Graf den Verein, nachdem Herbert Grosse 12 Jahre das gleiche Amt bekleidete und Ehrenvorsitzender wurde. Er unterstützt die Arbeit des verjüngten Vorstandes.
So rundet sich das Bild eines Vereins, der sich immer bemüht, seinen Mitgliedern zeitgerechte Angebote im Leistungs- und Freizeitsport zu bieten. Möglich war das nur durch eine große Zahl von Mitarbeitern, denen ein recht herzliches Dankeschön gewidmet sei und der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, dass auch in Zukunft Mitglieder bereit sind, zum Wohl des Vereins in der Vereinsführung mitzuarbeiten.